Auf die Dosis kommt es an
Waren Sie schon mal eifersüchtig? Jeder, der es schon mal war, weiß, was für ein widerliches, nagendes Schreckgespenst dieses Gefühl sein kann. Außer vielleicht in einer sehr geringen Dosis.. da mag es eine erfrischende, die Liebesbeziehung belebende Wirkung haben.
Der Teufelskreis
Sicherlich ist es auch unangenehm derjenige zu sein, der unter der Eifersucht des Partners leidet. Aber genau genommen leidet man ja nicht so sehr unter dem Gefühl des anderen, sondern vielmehr unter dessen Versuchen, dem Gefühl zu entkommen. Der Eifersüchtige möchte die Eifersucht nicht spüren und versucht ihr durch Kontrolle Herr zu werden. Der Partner möchte der Kontrolle entgehen und vergrößert die Distanz, macht sich rar oder lässt gewisse Details in seinen Erzählungen weg um keinen Anlass für lästige Kontrollfragen zu geben. Der Eifersüchtige spürt, dass der andere nicht mehr offen uns frei heraus spricht und wird erst recht skeptisch. So kann ein Teufelskreis entstehen.
Es gibt kein Gesetzbuch für Beziehungen
Meine Klienten versuchen manchmal, mich als Richterin einzusetzen. „Sagen Sie ihr doch bitte, dass das kein Grund zur Eifersucht ist!“ oder „Frau Zucker, bitte, man wird doch noch mit anderen Männern reden / schreiben… dürfen! Machen Sie ihm bitte begreiflich, wie übertrieben seine Reaktion ist!“, „Sie ist vollkommen krankhaft eifersüchtig. Jetzt vermeide ich schon jeglichen Kontakt mit meiner Kollegin, aber sie unterstellt mir immer neue Sachen.“
Eine Frau antwortete auf die Frage ihres Mannes, was sie beim nächsten Urlaub, in den sie ohne ihn führe, anders machen würde: “ Ich würde alle Chatverläufe noch im Flugzeug löschen, damit du keinen Grund mehr hättest, dich aufzuregen.“ Man kann sich leicht vorstellen, dass er sich darüber durchaus aufregte.
Eine andere Frau hatte sich außerehelich verliebt. Es tat ihr für ihren Mann furchtbar leid. Sie meinte, dass sie das von sich selbst nie gedacht hätte, dass ihr so etwas mal passieren würde. Sie sagte: „Das wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht!“ Und doch war es geschehen… Sie fühlte sich von dem anderen Mann so verstanden.
Sich selbst erfüllende Prophezeiung
Es gibt ein Phänomen, das man „sich selbst erfüllende Prophezeiung“ nennt. Genau das, was jemand nicht haben will, bekommt er, wenn sich im Leben zu viel darum dreht. Eine Frau versucht z.B. zu verhindern, dass ihr Mann fremdgeht oder sie belügt. Sie lässt ihn Versprechungen abgeben und erklärt, wie wichtig ihr die Treue sei. Natürlich macht der Mann es nicht absichtlich, aber.. Gerade weil er weiß, wie verletzlich sie in diesem Punkt ist, wird er aufpassen, was er ihr erzählt. Er wird tun, was er tut. Aber er wird nicht mehr alles mit ihr teilen.
Ein Beispiel aus meinem eigenen Leben
Ich selbst habe es einmal geschafft, meinen damaligen Lebensgefährten dazu zu bringen, mich anzulügen! Wir waren eigentlich immer sehr offen und ehrlich miteinander.. Trotzdem passierte Folgendes: Er erzählte mir von einem Experiment, mit den Schülern und Schülerinnen seiner spirituellen Gruppe, die Resonanz zu erforschen, die entsteht, wenn man sich gegenüber sitzt und Kontakt aufnimmt. Zu diesem Zweck hatten ihn schon ein paar Leute, bei sich zu Hause, besucht. Er hatte also mit Florian Resonanz geübt.. seltsam.. was?! Auch mit Dorothee? OK… „Aber wenn du das mit Melanie machen würdest, fände ich das schon ein wenig seltsam.“ Dieser Satz kam einfach aus meinem Mund. Mir vorzustellen, wie Stephan Melanie gegenüber säße und sie sich schweigend ansehen würden um der inneren Resonanz nach zu spüren, das fühlte sich für mich total schräg und unpassend an. Sie war eine junge Frau, ich kannte sie, ich hatte schon mehrfach miterlebt, wie sie Stephan anhimmelte. Nein – das fände ich so unpassend, dass ich annahm, auch er würde da eine Grenze ziehen.
Es kam, wie es in solchen Fällen wohl kommen muss: Einige Zeit später erzählte er mir völlig unbedacht von seinem Wochenende und da passierte es: Er merkte es in dem Moment, wo die Worte schon fast seinen Mund verlassen hatten und er log so ungeschickt… schaute plötzlich weg… Gott sei Dank war ich in dem Moment nicht eifersüchtig auf Melanie. Die Situation war einfach zu grotesk. Ich schaute ihn an und fragte mit einem schiefen Grinsen im Gesicht: “Du hast mich jetzt nicht allen Ernstes angelogen?!“ Das passte so wenig zu unserem Verhältnis, dass ich mich trotz des Unbehagens bei der Vorstellung von der Resonanzübung, über seinen ungeschickten Versuch zu lügen amüsieren konnte. Ich war der festen Überzeugung, dass das die erste und einzige Lüge war, die er mir aufgetischt hatte. Es war auch das erste und einzige Mal gewesen, das ich ihm so etwas, wie eine „Vorschrift“ gemacht hatte. Ganz unbewusst natürlich, es war nicht als Bevormundung gedacht gewesen. Es hatte aber ganz offensichtlich so gewirkt.
Es ging nicht um Sex
Eifersüchtig war ich trotzdem. Aber nicht auf Melanie, sondern auf Dorothee. Nicht wegen der Resonanzgeschichte, die war völlig unbedeutend im Gegensatz zu dem, was ich da erlebte. Ich sage es gleich vorweg: Es ging nicht um Sex! Manche – und Stephan gehört dazu – können sich kaum vorstellen, dass man auf etwas anderes eifersüchtig sein könnte, als auf Sex. Ich schon. In Stephans Leben hat nichts eine höhere Priorität als die Erforschung des spirituellen Bewusstseins. Normalerweise leitet er seine Gruppen alleine. Aber eine Zeitlang versuchte er mit Dorothee eine Co-Leitung. Die beiden kriegten sich irgendwie in die Haare. Zuerst war ich sehr eifersüchtig, dass er sich mit ihr so gut über dieses, ihm so am Herzen liegende Thema, austauschen konnte. Er lobte ihre spirituelle Erfahrungsqualität und ihre weibliche Praxis, die vielleicht anders sei, als eine männlichere Herangehensweise.
Es war, als bliebe mir die Luft weg.
In mir begann es zu brennen. Etwas in mir schrie: Hilfe! Was geht hier vor sich?! Das darf doch nicht sein.. das geht doch nicht. Warum nicht ich!! Ich bin auch spirituell und weiblich! Warum Dorothee? Warum nicht ich! Auuuu.. Meinem Inneren-Erwachsenen-Ich war natürlich klar, dass sie sich mit dem spirituellen Thema viel mehr auseinandersetzte, als ich. Ich setzte mich eigentlich gar nicht damit auseinander und hatte auch nie vorgehabt einen Workshop zu diesem Thema anzubieten. Das passte gar nicht zu mir. Ich war einfach nur eifersüchtig, weil sie ihm wichtig war. Weil das Thema ihm wichtig war und weil ich mich ausgeschlossen fühlte. Es war ein wirklich ganz und gar scheußliches Gefühl. Aber natürlich gab es keine Schuldigen. Ich glaube, er reagierte ein wenig verblüfft.
Wer sich streitet kann sich nicht egal sein.
Als die beiden sich dann später stundenlang am Telefon stritten, war das fast noch schlimmer. Ich war zu Besuch und er stritt mit ihr am Telefon. Total emotional. In mir meldete sich die Stimme der Eifersucht: „Hallo“ – rief es da in mir “ ICH bin doch da! Wieso kümmerst du dich nicht um mich! Außerdem passt doch streiten gar nicht zu dir und Dorothee! Sie ist doch nicht deine Frau. Ich bin es doch, streite doch mit mir..“
Eifersucht und Selbstwertgefühl
Ich teile nicht die Auffassung, dass Eifersucht immer und ausschließlich aufgrund von zu geringem Selbstwertgefühl entsteht. Nein, es ist vielmehr interessant zu beobachten, wie seismographisch Menschen auf unklares Rollenverhalten ihres Partners / ihrer Partnerin reagieren. Aber natürlich wird hierbei häufig furchtbar übertrieben. Es wird projiziert, da gibt es dann vielleicht noch ein Fünkchen Wahrheit oder es geht einfach die Phantasie mit jemandem durch.
Wenn sich das Ego einer Person sehr an dem Gefühl festklammert, wenn sich alles darum dreht ob der andere treu ist oder nicht, wenn dessen Treue ihr bestätigt, dass sie gut genug ist und dessen Untreue in ihren Augen nur Ausdruck der eigenen Unzulänglichkeit, ja, dann hat es auch mit dem Selbstwertgefühl zu tun.
Wenn bei mir in der Praxis jemand etwas sagt, wie: “Ich bin nicht gut genug“, dann frage ich oft: „Gut genug für wen oder was?“ Bei genauerer Erforschung der verinnerlichten Glaubenssätze, lässt sich oft leicht herausfinden, für wen jemand ursprünglich gut sein wollte. Die Mutter hatte ihrem Sohn gesagt: „Du willst doch nicht so werden, wie dein Vater?“ Der Vater hatte die Tochter nicht beachtet. Die Geschwister waren immer wichtiger. Eine große Schwester hatte dem jüngeren Bruder erklärt, wie er sich einer Frau gegenüber verhalten sollte. Die Leistungsgesellschaft trägt ihren Teil dazu bei: Alles soll perfekt sein. Frauen sollen dünn sein, Männer stark und cool. Wer da gelassen bleibt, ist der wahre Held, die wahre Heldin, würde ich sagen.
Was hilft gegen Eifersucht:
Ich habe es schon erwähnt: Es hat mit Rollenkongruenz zu tun. Beziehungen verändern sich im Laufe der Zeit, daher kann es helfen, immer mal wieder darüber zu sprechen, was man einander bedeutet und wer man für einander ist. Was verbindet einen? Wenn man das ehrlich bespricht, kriegt man eine Ahnung davon, was man in dieser Beziehung erwarten darf und worauf man sich verlassen kann.
Sich selbst treu sein
Commitment bedeutet, sich zu etwas zu bekennen, sich zu verpflichten. Sich sozusagen im Guten zu verpflichten, weil man es selbst will und stimmig findet. Man entscheidet sich aktiv zum Beispiel für eine bestimmte Art von Beziehung oder für Ehrlichkeit oder für Authentizität. Man spürt, ob jemand etwas nur tut um einen anderen nicht zu enttäuschen oder ob es aus eigener Motivation heraus geschieht, Aus eigenem Willen und weil es den eigenen Werten entspricht und den eigenen Zielen dient.
Man ist dann sozusagen in erster Linie sich selbst treu. Wenn jemand tut, was er sagt oder ist, was er vorgibt zu sein, dann wird man ihm vertrauen.
Die Übung besteht also erst mal darin, sich selbst treu zu sein. Aber bitte nicht gleich wieder übertreiben, nicht in einem perfektionistischen Sinne, sonst schleicht sich das Muster zur Hintertür wieder herein!
Nicht Recht-machen-wollen schafft Vertrauen, sondern Authentizität und Integrität. Wenn jemand weiß, was er will, weiß man auch, woran man bei ihm ist. Es geht dabei nicht um Egoismus, sondern um Kontakt zu den eigenen Bedürfnissen und Wünschen.
Sich gegenseitig Halt geben.
So manchem gibt es Sicherheit, wenn die Partnerin ihn in aller Öffentlichkeit in den Arm nimmt. Ein anderer oder eine andere spürt vielleicht das Commitment des Partners mehr, wenn er sie seiner Familie und seinen Freunden vorstellt. Oder jemand möchte gelegentlich „die drei Worte“ hören. Wieder einem anderen helfen Komplimente um sich sicher zu fühlen. Es kann auch verbinden gemeinsame Pläne für die Zukunft zu entwerfen. Eine Heirat kann ein klares Bekenntnis unterstreichen. Ein gemeinsames Fest, gemeinsame Rituale und gemeinsame Verantwortung für Kinder können das Gefühl der Zusammengehörigkeit verstärken und somit auch das Vertrauen in die Beziehung.
Die meisten Paarbeziehungen funktionieren besser, wenn es eine klare Abgrenzung zu den Eltern und Schwiegereltern gibt. Auch Freunde und Kollegen spielen eine andere Rolle, als der Lebensgefährte, wenn man sich für eine Zweierbeziehung / Lebensgemeinschaft / Ehe entschieden hat.
Meist glauben wir, der andere sei Schuld
Abschließend möchte ich sagen, dass es darum geht, herauszufinden, was die Eifersucht mit einem selbst zu tun hat. Reflexartig glauben wir oft, der andere sei Schuld an unseren Gefühlen. Das ist aber ein Irrtum. Die Gefühle sind meist schon eher da gewesen, als der Partner. Der kann sie allerdings aufflammen lassen. Man triggert sich gegenseitig an. Was hat das Gefühl mit mir zu tun? Was will es von mir?, könnten hilfreiche Fragen sein.
Vom Umgang mit der Eifersucht
Es gibt natürlich keine allgemeingültige Antwort auf die Frage nach dem Umgang mit Eifersucht. Aber für unsere Gefühle tragen in erster Linie wir selbst die Verantwortung. Und erst recht für den Umgang mit ihnen. Wenn Sie nicht sicher sind, ob Sie in einer toxischen Beziehung leben, dann ist es an der Zeit sich professionelle Hilfe zu suchen. Auch Freunde können einem manchmal helfen, die eigene Wahrnehmung zu verifizieren. Lebt man mit jemandem zusammen, der einen vorsätzlich belügt und manipuliert, dann ist es wohl an der Zeit die Koffer zu packen.