Uneinigkeit ist bei diesem Thema eine besondere Herausforderung
Leider sind sich Paare nicht immer einig wenn es um das Kinderthema geht. Manchmal möchte einer von beiden ein Kind bekommen und der andere nicht oder noch nicht. Dieses Thema stellt die Liebe und die Beziehung häufig extrem auf die Probe. Ist ja klar: Ein Leben mit Kind bedeutet für viele die Erfüllung schlechthin, der eigentliche Sinn der Liebesbeziehung. Andere möchten die Beziehung und ihre Freiheit nicht durch die Verantwortung für ein Kind gefährden.
Frauen und Männer geraten auf unterschiedliche Weise unter Druck
In diesem Artikel möchte ich auf keinen Fall moralisieren! Moralischem Druck sind, meines Erachtens vor allem kinderlose Frauen, sowieso schon viel zu häufig ausgesetzt. Für Männer ist Kinderlosigkeit in der Regel etwas weniger mit Druck verbunden. Das liegt liegt zum einen daran, dass die Gesellschaft immer noch ein Bild vermittelt, in dem das Frausein unmittelbar mit dem Muttersein verknüpft ist. Wohingegen kaum jemand fragt, ob und wenn ja, wie viele Kinder ein Mann gezeugt oder großgezogen hat. Allerdings kann die Frage, ob und wie sich ein Vater engagiert, wenn ein Kind erstmal da ist, heutzutage in vielen Männern Leistungsdruck auslösen und Versagensängste erzeugen.
Was bedeutet Vatersein heute?
Schon die Definition des Vaterseins ist ja nicht ganz einfach. Dass die Weitergabe von Genen irgendwie mit der Elternschaft zusammenhängt ist ja auch klar. Dennoch scheint es mir irgendwie antiquiert, den kurzen Akt der Zeugung mit jahrelanger Zuwendung, Verantwortung und Versorgung gleichzusetzen. Manche Menschen, mit denen ich über ihre Herkunftsfamilie spreche, nennen ihren Erzeuger, den „biologischen Vater“ und den, mit dem sie gelebt haben, einfach „Vater“. Irgendwie stimmig, finde ich.
Vertrauen wird leider oft durch Kontrolle ersetzt
Was die Vorstellung von der Verantwortung betrifft, die man durch das Elternwerden erlangt, beobachte ich zunehmend, dass diese auf eine Art aufgeblasen wird, dass man meinen könnte: Vertrauen in die eigene Intuition und Hingabe an die neue Rolle, sowie Unfälle und Missgeschicke gehören der Vergangenheit an. Statt dessen geht es in unserer Leistungsgesellschaft heute um Kontrolle und Sicherheit, um richtig oder falsch, Erfolg, Versagen und Schuld.
Unangenehm, finde ich.
Innere Reife und Fruchtbarkeit korrelieren nicht
Kein Wunder, dass sich da so mancher unter Druck gesetzt fühlt.
So eine Herangehensweise schürt natürlich Ängste. Vor allem bei Männern überwiegen diese dann manchmal. Bei Frauen scheint der Kinderwunsch sich trotzdem öfter durchzusetzen. (Hier wäre natürlich eine Statistik toll). So gibt es eine Reihe von Paaren, die lange zu keinerlei Entscheidung finden. Besonders die Männer fühlen sich „noch nicht reif genug“. Wie wir aber alle wissen, korreliert die geistige und psychische Reife der Älteren nicht mit der biologischen Reife, d.h. mit der Fruchtbarkeit, für die man fast nicht jung genug sein kann.
Die meisten Frauen möchten heutzutage, dass ihr Partner den Kinderwunsch aktiv teilt und nicht einfach nur kein Veto hat
Aber was soll man tun, wenn man sich in der Kinderfrage uneins ist? Wenn sich eine Frau ein Kind wünscht, ihr Partner aber meint, „er sei noch nicht so weit“?
Bei mir in der Praxis stelle ich dann folgende Frage: „Wie wichtig ist es Ihnen, dass Ihr Partner sich genauso sehr ein Kind wünscht, wie Sie es tun. Könnte es vielleicht ausreichen, wenn er nur kein Veto hat?“ Die Antwort ist meistens ein entsetztes Nein! Es entspricht nicht dem Zeitgeist, als Frau in dieser Sache allein zu entscheiden.
Miteinander sprechen und sich gegenseitig zuhören kann helfen Ängsten entgegenzuwirken
Ich empfehle auch über die Aufgabenverteilung zu sprechen und sich die Situation mit Kind konkret vorzustellen. Gleichverteilung ist nicht selbstverständlich. Sprechen Sie miteinander.Vielleicht sind Sie überrascht, wieviel Druck sich Ihr Partner macht, gerade weil er glaubt, er müsste die Hälfte der Aufgaben übernehmen oder weil er sich der Erziehungsfragen nicht gewachsen fühlt. Perfektionismus spielt häufig eine Rolle, wenn jemand Angst vor der Verantwortung hat.
Die Sorge, nicht genug Geld zu verdienen, spielt auch oft eine Rolle
Vielleicht muss man auch rechnen und sich überlegen, auf was man verzichten kann. Wie wichtig ist eine größere Wohnung oder der Urlaub, an den man sich gewöhnt hat?
Sprechen Sie über Ihre Wünsche, Ihre Vorstellungen und auch über Ihre Ängste! Offen und ehrlich. Ohne Druck! Vielleicht muss man miteinander etwas verhandeln, das gehört eben dazu. Besser als davon auszugehen, der oder die andere hätte automatisch das gleiche Bild von der kleinen Familie, wie man selbst. Auch wenn der Wunsch nach Gleichberechtigung bei beiden Partnern vorhanden ist, lässt er sich häufig aus finanziellen Gründen oft schwer realisieren. Leider. Da sollte die Politik auf jeden Fall noch nachbessern.
Elternsein und Geldverdienen: Ein Drahtseilakt
Reihenweise enttäuschte Frauen habe ich in meiner Praxis kennengelernt, die meisten waren davon ausgegangen, dass sie sich die Kinderbetreuung teilen würden, sich mit ihrer Karriere abwechseln und gegenseitig den Rücken frei halten würden. Manche hatten es vor der Schwangerschaft mit dem Liebsten so besprochen. Andere waren einfach davon ausgegangen. „Das ist doch selbstverständlich“.
Immer noch überwiegt das klassische Rollenmodell
Oft wollen die Männer sogar sehr gerne mehr Zeit mit den Kindern verbringen. Manche würden viel dafür geben, einmal die Rollen zu tauschen. Selten tun sie es auch. Oft scheitert es an der hohen Miete, die in einer teuren Stadt, wie Hamburg, nun einmal aufgebracht werden muss. Teilweise arbeiten sogar Mutter und Vater in Vollzeit. Wenn sie Glück haben, gibt es zur Unterstützung eine Oma oder einen Opa in der Nähe.
Kooperation statt Wettkampf
Wenn einer in Teilzeit arbeitet und mehr Zeit mit dem Kind verbringt, als der andere, wird er oder sie auch geübter und strukturierter sein. Wenn der andere dann mal übernimmt, wird er vielleicht einen Turnbeutel vergessen oder keine Pausenbrote schmieren. Seien Sie nachsichtig! Sie sind in keinem Wettkampf. Ich empfehle jedem, wenn es geht, wirklich mal länger die Rollen zu tauschen. Fahren Sie mit einer Freundin in den Urlaub und überlassen ihm den Haushalt und die Kinder, wenn Sie diese Rolle sonst innehaben. Es wird schon gut gehen. Wenn auch nicht alles genauso reibungslos funktioniert, wie bei Ihnen. Sie hatten auch mehr Zeit mit der Aufgabe zu wachsen.
Mutter und Vater sind verschieden und das ist auch gut so
Manchmal ist man auch überrascht, was die Kinder doch schon können, wenn man es ihnen nur zumutet bzw. zutraut! Und, dass Mama und Papa ein wenig unterschiedlich sind, ist auch ein Vorteil. Die Kinder haben so zwei Vorbilder und lernen mehr Vielfalt kennen und auch, dass es nicht immer nur den einen richtigen Weg gibt. Damit können Kinder gut leben.
Elternschaft braucht Teamwork
In der Paartherapie kann man versuchen sich wieder mehr als Team wahrzunehmen, falls man das vor lauter Anstrengung verlernt hat. Für nicht wenige fühlt sich die Partnerschaft leider manchmal so an, als wäre man in Konkurrenz zueinander, statt in Kooperation miteinander.
Vorstellungen davon, wie es angeblich sein sollte, stehen im Weg
Es sind die überzogenen Erwartungen, es ist der Perfektionismus, der uns zu schaffen macht. Der Glaube an „Richtig und Falsch“, statt an „Sowohl als auch“!
Die Vorstellungen davon, wie es angeblich sein sollte, stehen uns oft im Weg. Vorstellungen stehen davor! Sie stehen vor der Realität, vor dem, was wirklich, hier und jetzt IST.
Die Leistungsgesellschaft hat lauter strenge Innere Richter hervor gebracht
Wenn Sie nun also ein Kind haben möchten und Ihr Partner noch nicht, könnte man vielleicht versuchen, die Erwartungen zu beleuchten. In erster Linie macht der Mensch sich ja immer selbst den Druck. Der eigene Innere Richter ist oft der Strengste.
Ein Leben ohne Kinder braucht einen anderen Sinn
Man könnte aber auch mal die Alternative anschauen. Ein Leben ohne Kinder. Denn, ein „Jetzt-Noch-Nicht“ verwandelt sich nur all zu leicht in ein „Nie“, zumindest jenseits der 35. Die meisten Menschen brauchen eine Art Sinn in ihrem Leben. Man möchte sich gebraucht fühlen, hilfreich sein. Und auch für die Paarbeziehung ist früher oder später ein gemeinsamer Sinn essentiell. Das muss kein Kind sein. Ich nenne es trotzdem: Das gemeinsame „Baby“. Es kann sich dabei um eine Firma handeln oder um ein Boot, das man gemeinsam ausbaut oder mit dem man gemeinsam um die Welt segelt..
Um Kinder und Freiheit miteinander zu vereinbaren, muss man sich gegenseitig den Rücken frei halten
Überwiegt der Wunsch nach Freiheit auch langfristig? Und ist die Freiheit wirklich zu Ende, wenn man Kinder hat? In wie weit können Sie sich auch dann noch gegenseitig für Sport und zum Freundetreffen den Rücken frei halten?
Für die Leidenschaft muss man sich verabreden
Und dann gibt es ja noch die Sorge um die Leidenschaft. Kann man denn überhaupt ein Liebespaar bleiben, wenn das Baby da ist? Ich empfehle Dates! Verabreden Sie sich! Allzuleicht fällt sonst die Liebesbeziehung hinten über.
Freunde können sich gegenseitig unterstützen
Es kann auch helfen sich im Freundeskreis umzuhören. Wie ist es denen ergangen, die schon Kinder haben? Und wie geht es denen, die sich bewusst dagegen entschieden haben? Haben die etwas anderes gefunden, das sie verbindet?
A propo Freunde: Unschätzbar wertvoll welche zu haben! Es hilft sehr, sich als Kleinfamilie nicht zu stark abzukapseln. Eine gewisse Exklusivität darf es und muss es vielleicht auch geben Aber tauschen Sie sich auch mit Freunden aus und seien Sie für einander da. Vertrauen Sie sich gegenseitig die Kinder an.
Was wir von den Kindern lernen können
Ach ja: Vergessen Sie nicht Spaß zu haben! Freude im Hier und Jetzt! Ich bin mir sicher: Von den Kindern können wir da am meisten lernen.
Was kann ich tun, wenn mein Partner keinen Kinderwunsch hat, ich aber schon?
Wenn dein Partner keinen Kinderwunsch hat, ist es wichtig, offen und ehrlich über eure jeweiligen Wünsche und Ängste zu sprechen. Ihr solltet gemeinsam überlegen, welche Kompromisse möglich sind und wie ihr eure Beziehung auch ohne Kinder gestalten könnt.
Wie gehe ich damit um, wenn mein Partner noch keinen Kinderwunsch verspürt?
Geduld und Verständnis sind entscheidend. Es kann helfen, über die Ursachen der Unsicherheit deines Partners zu sprechen und ihm Zeit zu geben. Vielleicht ist er bisher nicht bereit, aber mit der Zeit könnte sich seine Meinung ändern. Eine Paarberatung kann ebenfalls unterstützen.
Ist es normal, keinen Kinderwunsch zu haben?
Ja, es ist vollkommen normal, keinen Kinderwunsch zu haben. Jeder Mensch hat unterschiedliche Lebensziele und Prioritäten. Wichtig ist, dass du deinen Partner darüber informierst und ihr gemeinsam eine Lösung findet, die für beide passt.